Sonntag, 12. Oktober 2008

das wichtigste im leben

als ich noch ein kind war, gab es dinge in meinem leben, die besonders wichtig, besonders heilig waren.
da gab es meine letzte, noch verbliebene nuk-flasche - damals noch aus glas - die ich überall mit mir hin nahm. allem voran weil sie als ersatz für einen schnuller diente, und sicher auch deshalb weil es die letzte ihrer art in unserem hause war und ich besonders gut auf sie aufpassen wollte.
es kam wie es kommen mußte, ich nahm die flasche auch mit in unseren garten wo sie dann auf tragische weise auf dem terrassenboden in tausend scherben zersprang.
eine ära ging zu ende und ich kann mich noch gut erinnern, dieser flasche noch sehr lange zeit nachgetrauert zu haben. (um der ehrlichkeit genüge zu tun, habe ich später - schon deutlich älter - hin und wieder mit einer nuk-flasche auf der couch gesessen, in der hoffnung dasselbe gefühl von früher würde sich einstellen, leider vergebens)

ich besaß auch ein schmusetuch - vergleichbar dem, das linus bei den peanuts hinter sich herschleift - das ebenfalls und sehr lange zeit mein ständiger begleiter war. ohne dieses tuch war an einschlafen nicht zu denken und wenn es mal verloren, verräumt oder verschlampt war, hatten meine eltern müh und not - wenn auch fast immer vergebens - mich mit allerhand tricks (taschentücher, schals, küchentücher etc.) zum schlafen zu bewegen.
also wurde vor- und für reichlich tüchervorrat gesorgt.
es war immer eine besondere aufgabe für meine mutter, mir dieses tuch zu entreissen damit es einer gründlichen wäsche unterzogen werden konnte. haßte ich es schließlich besonders wenn "dieser fetzen" - wie es meine mutter irgendwann nannte - frisch gewaschen und sauber roch. erst nach zwei, drei tagen intensiven schmusens, kuschelns und längerem hintermirherziehens hatte es wieder die entsprechende patina.
aber irgendwann geht auch der größte vorrat zu ende.
alle schmusetücher hatten das zeitliche gesegnet, bis auf eines.
ich gebe zu, es stand bereits vor dreck, roch für außenstehende vermutlich nicht mehr ganz gut, hatte schon diverse löcher und war dennoch mein wichtigster und ständiger begleiter.
ich war zu diesem zeitpunkt eigentlich schon viel zu groß für dererlei begleitung, das muß ich zugeben. vermutlich auch der grund dafür, dass sich meine mutter konsequent weigerte mir neue zu besorgen.
meine schwester hatte dann ein einsehen mit mir und schenkte mir ein paar neue zum geburtstag - mit mäßigem erfolg, denn meine mutter kassierte sie kurz drauf alle ein.
bis auf das letzte, wie gesagt.

aber auch dieses letzte hatte nicht das ewige leben. und so kam es, wie mit allen dingen, die mir in meiner kindheit besonders wertvoll erschienen, ich passte so sehr darauf auf, nahm es überall hin mit, zog es überall mit mir herum.
und, was soll ich sagen....ich habe es irgendwann, irgendwo und irgendwie.....liegen gelassen.
weg war´s. einfach so.
obwohl und gerade weil ich so sehr darauf aufgepaßt hatte.
man kann sich vorstellen, es gab nicht nur eine durchweinte nacht.
und das war ein weiterer, wenn auch schmerzvoller schritt in richtung groß werden.

auch heute noch, passe ich auf die dinge die mir ausgesprochen wertvoll und wichtig in meinem leben erscheinen ganz besonders gut auf.
ich wache mit argusaugen darauf, dass sie mir nicht abhanden kommen, nicht verloren oder kaputt gehen.
aber in letzter zeit frage ich mich manchmal, ob das tatsächlich der richtige weg ist. ob es gut ist, immer und überall zu schauen und darüber zu wachen, dass mir die wichtigen dinge des lebens, meines lebens, nicht abhanden kommen.
ob es nicht ausreichend wäre, hin und wieder einen kleinen prüfenden blick darauf zu werfen, ob noch alles an seinem platz ist, nur um sich anschließend wieder den anderen, wesentlichen dingen des lebens zu widmen....widmen zu können.

denn eigentlich hätte ich aus den älteren und auch jüngeren erfahrungen meines lebens zumindest eines lernen können:
selbst wenn ich noch so genau hinsehe, noch so sehr prüfe und kontrolliere......verlieren geht schnell, oft ohne zutun oder absicht und ohne erkennbare vorzeichen.

vielleicht sollte ich anfangen zu lernen, dass die wichtigen dinge im leben bleiben....genau so lange, wie sie bleiben sollen
genau so lange, wie sie wertvoll und wichtig für mein leben sind.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Loslassen... so könnte man Deine letzten, sehr schönen Beiträge so ganz allgemein überschreiben. Loslassen von Dingen, von Menschen, von Gewohnheiten, von überholten Denkweisen.

Schwere Kunst, das. Wenige haben verstanden, dass man durch loslassen wieder die Hände (resp. Kopf) frei hat für neue Dinge - und noch weniger machen das. Ich drück Dir mal die Daumen, dass Deine sehr positiven Gedanken auch eine positive Wirkung haben.

Ach ja, apropos Loslassen: ich hätte da noch eine halbe Packung PocketCoffees - irgendwie habe ich da grad keinen Bock drauf. Ich halte mich lieber an meiner schönen großen Tasse Earl Grey Tee fest...

Draussen scheint die Sonne, die Bäume strahlen in den wunderbarsten Farben, über dem Westfriedhof mir gegenüber liegt eine heitere Ruhe - Lust auf einen Spaziergang? Ich könnte die PocketCoffees...
;-)

Topsyturvy hat gesagt…

wie....DU trittst freiwillig pocketcoffee ab?
betrachte ich das nun als besondere ehre...oder sehe ich es realistisch und vermute, dass sich da jemand ein klein wenig überfressen hat? ;-)

kunst für sich, definitiv. ich arbeite immernoch daran, das was ich im kopf verstanden habe, irgendwie in meinen bauch zu transportieren.
und was das daumen drücken betrifft....drück besser alle beide. könnte im moment sicherlich nicht schaden. positive gedanken sind ja bekanntermaßen erstmal nur die halbe miete....

p.s.: im übrigen teilen wir da eine leidenschaft ....deshalb...würde ich mich mit einer halben packung nicht wirklich zufrieden geben ;-)