Sonntag, 5. Juli 2009

eine frage des respekts

gestern durfte ich - bei tee und frischen waffeln - einer merkwürdigen szenerie beiwohnen.
einem ablauf, der mir ein wenig zu denken gab.

eine familie (mutter, vater, zwei kinder und die oma) setzte sich an den nebentisch.
der vater, offenkundig das oberhaupt der familie. triefend vor autorität, ignoranz und sarkasmus für den rest seiner familie. die mutter angepasst an die situation, immer wieder ein wenig rebellisch ihm gegenüber, aber in keinster weise ernstzunehmend.
die kinder - nebensache.
die oma.....ja, die oma. die gab mir zu denken.
ich vermute, die oma war dabei, weil oma eben dabei war. vielleicht verwitwet, vielleicht geschieden, wer weiß das schon. aber offenkundig alleinstehendes anhängsel der familie. die eben nicht allein bleibt, fährt die familie in urlaub. allerdings rüstig genug, um genau das tun zu können.
oma also sehr offensichtlich weder senil, noch gebrechlich, nicht wirklich alt, lediglich ein wenig älter als alle anderen am tisch.
und dennoch, oma wurde behandelt, wie das kleinste und jüngste aller kinder am tisch.
ob man das nun fürsorge oder bevormundung nennen möchte ist mir gleich, fest steht, oma war nicht recht zufrieden mit der situation, mußte sich aber wohl oder übel fügen, in scheinbarer dankbarkeit, überhaupt dabei sein zu dürfen.
eigene entscheidungen treffen - fehlanzeige. da wurde den beiden kindern noch mehr freiraum zugebilligt.
jede noch so kleine entscheidung der oma wurde von ihren kindern angezweifelt.
oma: ich glaub ich nehm eine waffel
kind: die schaffst du doch gar nicht allein.
oma: na gut, dann nimmst du vielleicht die andere hälfte.
kind: aber dann nehm sie mit kirschen, die mag ich gern.
oma: ich mag aber keine kirschen.
kind: ach mama, du isst doch eh kaum was von der waffel.

so ging das. egal ob es nun um waffeln, tee, kaffee oder dergleichen ging.

irgendwann wurde oma stumm. hätte man sie nicht sitzen sehen, man hätte sie vermutlich vergessen.

auch wenn ich glaube, dass dies ein ganz besonderes problem von alter ist, glaube ich auch, dass man dieses phänomen letztlich überall findet.
eine ganz spezielle form der respektlosigkeit.
oma....du hast keinen grund dich zu beschweren, immerhin, wir nehmen dich mit. aber pass dich gefälligst an. sei froh, dass du mit dabei sein darfst und ansonsten halte dich still im hintergrund, sonst könnte es passieren, dass du das nächste mal daheim bleibst.

ich denke, dieses verhalten findet sich überall.
und oft muß man gar nicht erst so alt werden, wie die oma am nebentisch.
oft findet dieses verhalten ein leben lang statt.

respekt, den muß man sich verdienen, heißt es im allgemeinen.
klar, womit sollte die oma sich ihren respekt noch verdienen können?
wenn nicht allein die tatsache zu gelten scheint, dass sie respektabel ist, weil sie ist was und wer sie ist.
ich vermute, im laufe des alters verschieben sich die grenzen. als kind wird man ähnlich behandelt, manche menschen sogar ihr leben lang.
der unterschied ist nur, dass man es als kind nicht so spürt, nicht so bewußt erlebt.

ich bin mir sicher, die oma vom nebentisch hat es gespürt, es war zu sehen, zu spüren, auch für mich. und ich hätte gern dem impuls nachgegeben, aufzustehen, die oma bei der hand zu nehmen und zu sagen: ich nehm die jetzt mal mit, ihr braucht die offensichtlich eh nicht.

respekt, den muß man sich nicht verdienen.
respekt den hat man verdient. immer. überall. in jedem alter.

einen menschen zu respektieren, heißt, ihn nehmen und schätzen wie er ist.
ihn wert zu schätzen.

je liebloser man mit seinen mitmenschen umgeht, um so weniger respekt hat man vor seinem gegenüber.
meine meinung.

respekt muß man sich nicht verdienen.
aber mittlerweile stelle ich fest
respekt muß man sich immer wieder erkämpfen.
und das finde ich schade und traurig.

denn im laufe dieses kampfes,
geht dann die liebe oft verloren.

2 Kommentare:

Rich Rubin hat gesagt…

das klingt ja gar nicht fein. damit ich jetzt aber nicht allzu traurig werde, stelle ich mir vor, dass diese omi, als sie jünger war, ein böser mensch war und nun zu recht gedisst wird.

:>

Rich Rubin hat gesagt…

das klingt ja gar nicht fein. damit ich jetzt aber nicht allzu traurig werde, stelle ich mir vor, dass diese omi, als sie jünger war, ein böser mensch war und nun zu recht gedisst wird.

:>